Christina Hugl

Sprudelwinzerin aus dem Kamptal, Obfrau der Jungen Wilden Winzer

„Ich bin jedes Mal aufs Neue fasziniert, wie wenig Aufmerksamkeit meine Weine brauchen. Ich greife nur ein, wenn es absolut notwendig ist.“

Fotos © Herbst

Nusskekse, ganz simple aus Butter, Mehl, Zucker, geriebenen Wal- und Haselnüssen, nicht mit der Hand geformt, sondern nach böhmischer Art in kleinen Förmchen gedrückt; so einprägsam, dass Christina Hugl den Geschmack auch Wochen nach Weihnachten noch abrufen kann. 

Hedwig hatte sie gebacken, die vis-à-vis Nachbarin ihrer Eltern in Stützenhofen im Weinviertel. Wie damals, als sie noch ein Kind war, hatte Christina an den Feiertagen ans Küchenfenster geklopft, um ein kleines Weihnachtsgeschenk zu überbringen, da wurde sie von Hedwig und ihrem Mann Otto zum Kekse verkosten hereingebeten. 

„Das waren mitunter die besten Kekse, die ich je gegessen habe. Dazu gab’s ein Stamperl Metaxa, den habe ich zuletzt mit 17 Jahren im Übermaß getrunken. Ich war überrascht, dass das Zeug eigentlich gar nicht so schlecht schmeckt.“

Christina Hugl ist Winzerin, ihr geschulter Gaumen ein wichtiges Asset. Die Trauben ihrer vier Hektar Weingärten verarbeitet sie ausschließlich zu Sekt und Pet-Nat. Die Sekte entstehen nach traditioneller Methode, die Grundweine dafür reifen in Edelstahltanks, vieles auch in großen Fässern und Barriques. Bei ihren Pet-Nats experimentiert Christina gerne mit alten, in Vergessenheit geratenen Sorten wie Müller-Thurgau, Blauer Portugieser und Neuburger. „Jedes Jahr gibt’s eine neue Spielerei, oft basierend auf Minimengen, die ich zukaufe; das ist der Vorteil, wenn man ein Kleinbetrieb ist. Ich kann alleine per Hand maximal fünf Hektar bewirtschaften, will mich dadurch aber nicht limitieren lassen. Die Materie Wein ist so vielfältig, auch sortentechnisch. Zukauf ist in der Branche oft verschrien, aber für mich ist daran nichts verwerflich. Gleichzeitig merke ich aber, dass ich mein Sortiment ausdünnen sollte. Ich will mich in Zukunft bei sieben Sekten und fünf bis sechs Pet-Nats einpendeln.

Dass Christina ausschließlich auf Bubbles setzt, liegt teils an ihren Wurzeln: Ihre Eltern führen im Weinviertel in dritter Generation ein Weingut, der Schwerpunkt liegt auf Schaumwein. Sie selbst zog es nach Schulabschluss zuerst für vier Jahre ins Ausland. Im Grand Hotel Huis ter Duin in Noordwijk aan Zee in den Niederlanden heuerte sie als Springerin in der Gastronomie an, war dort etwa ein halbes Jahr in der Küche und die restliche Zeit im Service tätig. Als im hoteleigenen Sternerestaurant Latour eine fixe Stelle als Assistent Sommelier frei wurde, griff sie zu. „Ich war mir zuerst unsicher, ob der Job das richtige für mich ist. Die Kolleg:innen im Latour waren quasi die Elite im Betrieb und ich dachte immer, dass dort ein ziemlich strenger Ton herrscht, aber so war’s nicht. Das Team war cool und locker drauf. Der Job war eine Offenbarung und die Arbeit genau so, wie wir’s in der Schule gelernt hatten, das war richtiges high-class Service.“ 

„Ich bin jedes Mal aufs Neue fasziniert, wie wenig Aufmerksamkeit meine Weine brauchen. Ich greife nur ein, wenn es absolut notwendig ist.“

2014 kehrte Christina schließlich zurück nach Hause. Die Mitarbeit bei der bevorstehenden Lese knüpfte sie an die Bedingung, ihren eigenen Wein machen zu dürfen. Ihr Vater beharrte auf einen klassischen Weinviertel DAC, Christina auf einen Sektgrundwein. Schlussendlich durfte sie nach ihren Vorstellungen arbeiten. 2015 und 2016 folgte jeweils ein weiterer Sekt. 2017 kam sie mit ihrem Partner Robert Herbst zusammen, der sie motivierte, den nächsten Schritt zu wagen. „Der Weinbau sollte ein Hobby bleiben, aber Robert ist Geschäftsmann, bei ihm gilt: hopp oder dropp! 2018 sind wir aus dem elterlichen Keller ausgezogen und durch Zufall im Kamptal gelandet. Wir haben dann relativ schnell entschieden, beim Sprudel zu bleiben. In Langenlois gibt es genug guten Wein, wir wollten damals nicht den x-ten machen.

Mit dem Jahrgang 2023 haben Christina und Robert einen neuen Keller bezogen, „ein wahres Juwel am Heiligenstein“, wie sie sagen, zu dem auch ein Heurigenlokal gehört. Die Fläche ist nun um das achtfache größer als zuvor. „Wir sind zwei Betriebe in einem Keller, die Jahr für Jahr gewachsen sind [Robert vinifiziert unter seinem Namen Weine und Cofermente, Anm.]. Egal wie wir die Tanks, Fässer und Amphoren gestellt und umgeschlichtet haben, in den alten Keller haben wir einfach kein Gebinde mehr hineinbekommen. Ich wollte schon immer eine Jahrgangsreserve im Holzfass anlegen, das war platztechnisch aber bislang nicht möglich. Ich habe drei kleine Barriques aus der Champagne, mal schauen, ob ich darin eine Art Solera oder Verschnittweine mache. Beim Pet-Nat möchte ich intrazelluläre Gärung ausprobieren oder Cofermente, sprich Obstsorten mitvergären.“ 

Selbst zehn Jahre nach ihrem ersten Sekt ist Christina immer noch fasziniert davon, wie wenig Aufmerksamkeit ihre Weine brauchen. Die meiste Arbeit hätte sie im Weingarten, erzählt sie, schließlich hänge das Grundprodukt, mit dem alles steht und fällt, am Rebstock. „Ich muss mich hundertmal mehr um den Stock kümmern, als um das, was im Tank lagert. In der Ausbildung wird einem aber was anderes suggeriert: Dort heißt es immer, dass der Kellermeister der wichtigste Mann sein. Ich dachte anfangs, wenn ich Wein mache, bin ich nur noch im Keller. Das Gegenteil ist der Fall. Zum Glück. Die Weingartenarbeit ist meine absolute Lieblingsarbeit.“

Mit welcher Frau aus der Kulinarik Branche arbeitest du gerne zusammen?

Mit Theresia Palmetzhofer vom Gasthaus Zur Palme in Neuhofen an der Ybbs. Weil sie eine coole, bodenständige Frau ist, die jedem auf Augenhöhe begegnet, egal, wer vor ihr steht. Sie schafft es, dass Menschen von überallher zu ihr ins Mostviertel fahren, gleichzeitig holt sie aber auch die Leute aus dem Ort ab.

Mit welcher Frau würdest du gerne an einem Tisch sitzen und plaudern?

  • Mit Elisabetta Foradori. Mich fasziniert, wie sie ihre Weine macht. Zudem strahlt sie eine unglaubliche Zufriedenheit aus, so als wäre sie komplett in ihrem Zen.
  • Und mit Gerlinde Kaltenbrunner. Bergsteigen ist Roberts und mein größtes Hobby. Das gibt mir bei weitem mehr Energie, als ein Wochenende lang auf der Couch zu liegen.

Themen

Der Weinbau wird gerne als Männerdomäne dargestellt, in der man sich als Frau immer rechtfertigen muss. Ich erlebe die Branche anders, bin aber auch eine, die eine große Goschn hat und sich nichts scheißt. Ich habe noch keinen Winzerkollegen* getroffen, bei dem ich mich nicht ernst genommen gefühlt hätte. Wenn ich Fragen habe, fallen mir mindestens 15 Kollegen* ein, die ich anrufen kann. Dieses Selbstbewusstsein fehlt den Frauen oft, da sollten wir in Zukunft noch nachlegen.

Außerdem könnte ich stundenlang über das Thema Personal reden. Ich sehe das sehr zwiegespalten, wenn sich Gastronom:innen über den Personalmangel aufregen. Auf der einen Seite hast du teils absurde Arbeitsbedingungen. Es wird Zeit, dass der Wert des Personals und die Löhne steigen, wobei sich erste Veränderungen bereits bemerkbar machen. Auf der anderen Seite hast du heute junge Leute, die kaum noch arbeiten wollen, weil ihnen ihre Work-Life-Balance wichtig ist. Ich finde das gut, wenn man sagt, was man will und was nicht, habe derzeit aber noch das Gefühl, dass das Ganze nicht auf Geben und Nehmen beruht, sondern ausschließlich auf Nehmen. Es braucht aber Lösungen, die für beide Seiten passen, also auch für den Arbeitgeber. Und der muss wiederum lernen, flexibel zu sein, auch wenn es einen Mehraufwand bedeuten könnte. Wenn ich Mitarbeiter:innen habe, die für mich einstehen und Gas geben in der Zeit, in der sie da sind, dann sollte das schon drin sein.

Kontakt

Christina Hugl

Gartenzeile 1, 3550 Langenlois

+43 650 7427151

info@christinahugl.at

christinahugl.at

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