Stefanie Renner

Winzerin

„Das Schönste an meinem Beruf ist die Freiheit, jeden Tag selbst zu gestalten.“

Fotos © Ingo Pertramer

"Eine lustig gemeinte Anrede auf einer Weinmesse ergab dann den Ausschlag für die Namensgebung der „Rennersistas“.

„Das Schönste an meinem Beruf ist die Freiheit, jeden Tag selbst zu gestalten. Die Vielfalt der Aufgaben ist unermesslich und ich entscheide, ob ich heute mit Podcast im Ohr im Weingarten arbeite, Büroarbeit erledige oder international auf Events und Messen unseren Wein präsentiere. Natürlich sind Landwirt:innen ganz klar an das Wetter und die Arbeit im Weinberg gebunden. Aber schlussendlich kann ich ganz viele Aspekte in meinem Leben frei wählen und das macht mich täglich glücklich.“ 

Als kleines Mädchen wollte sie Staranwältin werden, ohne zu wissen, was man dabei eigentlich macht. Ihr Studium der Mathematik führte sie dann nach Wien. Von Seiten der Eltern bestand immer die Freiheit, den Beruf zu wählen, den sie für sich möchte. Ihre ältere Schwester studierte Modedesign und ihr jüngerer Bruder Georg war schon immer Wein affin und besuchte eine eigene Vino HAK in Eisenstadt, die es heute gar nicht mehr gibt. Als mittleres Kind verspürte sie daher keinerlei Druck, nach Hause zurückzukehren, um mitzuarbeiten. Ihre größere Schwester Susanne flog damals schon mit ihrem Papa immer wieder auf Weinmessen. In Wien wohnten die beiden Schwestern sogar zusammen. Erst ihr Freundeskreis erweckte wieder das eigene Interesse am Wein und begeisterte sie für die Naturweinszene und die Bio-Dynamik. „Uns ging ein Licht auf, welch großes Potenzial in der Branche steckte und so sattelte ich von der TU auf die Boku um und studierte „Kulturtechnik und Wasserwirtschaft. Vor allem durch Fächer wie Geologie, Botanik und Hydrologie wurde das Thema Weinbau zunehmend spannender für mich.“ 

Ihre Eltern stellten die Kinder dann 2013 vor die Wahl, zurückzukommen und einzusteigen oder das Weingut zu verkaufen, um selbst ihren Ruhestand genießen zu können. „Bei uns schrillten alle Alarmglocken und wir beschlossen, es wenigstens zu versuchen. 2014 schloss ich mein Bachelorstudium ab und ging für mein erstes Praktikum nach Südfrankreich, in ein sehr ähnlich geführtes Weingut wie wir es hier haben. Dort lernte ich einen Winzer aus Südafrika kennen und ging gleich im Anschluss an unsere Ernte dorthin, um bei ihrer zeitversetzten Ernte zu helfen und zu lernen. Und wie es das Schicksal so wollte, lernte ich auf einer Weinmesse in Wien noch einen Australier kennen, nahm seine Einladung auf sein Weingut auch noch an und arbeitete in Down Under.”

In dieser Zeit einigten sich die Schwestern mit ihrem Papa, dem Kellermeister, auf die erste eigene Lesebox. Schon bald war klar, dass die Schwestern unter ihrem eigenen Etikett auftreten müssen, um eine klare Trennung zu den klassischen Sorten zu schaffen. Eine lustig gemeinte Anrede auf einer Weinmesse in London ergab dann den Ausschlag für die Namensgebung der „Rennersistas“. Mit Erfolg. Dank ihres bereits bestehenden Netzwerkes und ihrer Partner:innen in der „Pannobile Vereinigung“ konnten sie über die letzten 9 Jahre eine 2. Marke aufbauen. Mittlerweile ist ihre Schwester Susanne in das Weingut ihres Mannes Claus Preisinger gewechselt und ihr Bruder Georg mit ihr in den Betrieb mit eingestiegen. „Ich bin unglaublich stolz auf meinen Bruder, weil ihm von Anfang an der Wert unserer bereits aufgebauten „Schwesternmarke“ bewusst war und er meinte, in Zeiten wie diesen, wo binär oder nicht-binär wichtige Themen sind, stehe ich zu 100 % hinter dem Namen auf unseren Etiketten.“

Gemeinsam bewirtschaften sie jetzt mit Unterstützung ihrer Eltern und eines bei ihnen angestellten ungarischen Pärchens eine 13 ha große Fläche. Aktuell befinden wir uns beim Anhängen der Triebe und der Vorbereitung des Weinberges für den Start des Austriebes. Danach beginnt die stressigste Zeit mit der täglichen Grünarbeit. Gleichzeitig planen wir aktuell die ersten Cuvées und beginnen Ende April mit dem Abfüllen der ersten Weine. In Zeiten des Klimawandels und der hohen Temperaturen reifen unsere Trauben immer früher und der erwünschte Zuckergrad ist teilweise schon Ende August erreicht. Im Vergleich zur Weinlese meiner Eltern früher, sind das bis zu zwei Wochen Unterschied. Die richtige Ernteplanung und der zum Wein passende Zeitplan ist das Wichtigste in unserem Beruf. Eine Woche zu lange am Rebstock und schon ist der Wein ein anderer.

Was hat dich geprägt?

Meine weltweiten Praktika durfte ich bei Menschen absolvieren, die das Leben und den Genuss an sich feierten. Wir kochten und aßen jeden Tag gemeinsam, philosophierten und tauschten uns in den unterschiedlichsten Sprachen aus. Wer genießen kann, ist weltweit willkommen. Außerdem waren alle Weingüter vergleichbar mit unserem zu Hause und ich lernte ganz genau, wann der beste Zeitpunkt für die Ernte ist oder wie Logistik perfekt funktioniert und wie wichtig die richtige Planung und Logistik in stressigen Zeiten ist. Wir vergeben seit damals jährlich ein Praktikum an international Interessierte und genießen die diversen kulturellen und sprachlichen Einflüsse bei uns im Weingut während der Weinernte.

Erst, wer sich nach außen öffnet, erlebt die vielen Facetten des eigenen Lebens. Wir sind zum Beispiel Kooperationspartnerin des Impulstanzfestivals oder der Klimabiennale. Ich hätte mir nie träumen lassen, welch unterschiedliche Charaktere und Menschen ich über unseren Wein kennenlernen durfte und darf.

Als Mitglied des „Female Wine Collectives“ versuchen wir Frauen und Flintas zu vernetzen und uns gegenseitig zu unterstützen. Gerade als werdende Mama ist mir die Gleichstellung aller Menschen in unserer Gesellschaft ein Anliegen und ich möchte selbst einen positiven Impact hinterlassen. 

„Ein Restaurantbesuch ist im besten Fall so schön wie ins Theater gehen.“ Bei Mraz & Sohn fühle ich mich zum Beispiel immer wieder so wohl. Wir sparen für so einen Abend, aber zu wissen, dass die Produkte stimmen und sie genau wissen, woher etwas kommt, macht es für uns zu einem großen Erlebnis ohne schlechten Gewissen. 

In meiner Küche darf nie fehlen …

Unsere hauseigenen Eier von den Hühnern. In Australien entdeckte ich die Liebe zu pochierten Eiern und lernte deren Zubereitung. Seitdem dürfen sie auf keinem Sonntagstisch mehr fehlen.

Mit dieser Frau würdest du gerne einmal plaudern?

Fran Lebowitz, eine US-amerikanische Schriftstellerin und Kultfigur. Sie begeistert mich wegen ihrer Gesellschaftskritik und ihrem Witz und das passt auch gut zu vielen Themen, die wir besprochen haben. Meine Empfehlung „Pretend it’s a City“ von Martin Scorsese. 

Mit welchen Frauen aus der Kulinarik Branche arbeitest du gerne zusammen?

  • Mit Judith Beck, meiner Kollegin bei Pannobile und 
  • mit Lena Mattson vom NeuNeusiedler, einer New Yorkerin, die heute gemeinsam mit ihrem Mann ihre Liebe zu Burgern und Naturweinen in ihrem Restaurant www.neuneusiedler.at hier bei uns kombiniert. 

Themen

  • Landwirtschaft und die Auswirkungen des Klimawandels auf unseren Beruf
  • Frau in der Selbstständigkeit, Klischees und alte Strukturen, in denen wir uns zurechtfinden müssen

Kontakt

Stefanie Renner

Renner & rennersistas

Weingut Stefanie Renner

Obere Hauptstraße 97

7122 Gols

+43 2173 2259. F.: – 4 

office@rennerundsistas.at

www.rennerundsistas.at   

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