Simone Embacher

Produzentin, Kaiserschnecken

„Schnecken sind eine wahre Delikatesse. Ihr Geschmack erinnert an die ‚Früchte des Waldes‘ – erdig, ein bisschen wie Pilze, mit einer feinen, nussigen Note.

Porträtfotos © Birgit Pichler

Fotos © Simone Embacher

Simone Embacher hatte niemals geplant, Schneckenzüchterin zu werden. Eigentlich hatte sie ganz andere Pläne – oder vielmehr gar keinen festen Plan. „Mein Leben schrieb sich einfach selbst“, lacht die Schneckenzüchterin. Ihr Weg begann in der Tourismusschule, nicht etwa, weil sie in die Gastronomie gehen wollte, sondern weil sie Sprachen liebte. Englisch, Italienisch, Französisch, Spanisch spricht sie heute. „Ich wollte mit Menschen aus aller Welt kommunizieren können, erinnert sie sich. Doch dass sie Jahre später einmal als eine der wenigen Schneckenzüchterinnen Österreichs bekannt sein würde, hätte sie damals selbst nicht gedacht.

Nach der Schule zog es sie in verschiedene Branchen – immer auf der Suche nach neuen Erfahrungen, nach dem, was das Leben zu bieten hatte. Auf einem Straßenfest im Ort lernte sie jemanden kennen, der sie in die Filmbranche brachte und kurzerhand zog Simone nach Berlin. Es war eine aufregende Zeit, in der sie in unterschiedlichste Welten eintauchen durfte. 

Danach wurde Thailand als Divemaster ihr Zuhause, bevor es sie auf einer luxuriösen Superyacht als Chief Stewardess weitere Länder Asiens und die Côte d’Azur bereiste. „Ich habe einfach ausprobiert, was sich ergeben hat. Mein Leben war immer ein Abenteuer, sagt sie und lacht. Doch irgendwann führte sie das Leben, genau genommen, die Familie, wieder zurück nach Tirol. 2019 gründet Simone ihre drei Unternehmen in nur einem Jahr. Heute ist sie Keramikerin, Inhaberin einer Social Media Agentur und Kaiserschneckenzüchterin, alles am Fuße des Wilden Kaisers. 

„Ich sehe es als meine Mission, den Menschen die Angst vor Schnecken zu nehmen und sie als wertvolle, nachhaltige Eiweißquelle zu etablieren.“

Schneckenzucht

Der erste Funke wurde durch einen Zeitungsartikel entfacht. Sie las über Schneckenzucht und war sofort fasziniert. „Es war, als hätte ich eine Tür in eine vergessene Welt geöffnet, sagt sie. Schnecken als Lebensmittel hatten eine lange Tradition, waren nachhaltig, reich an wertvollen Nährstoffen und benötigten wenig Platz. Doch in Österreich waren sie kaum verbreitet. „In Tirol gab es bis dato niemanden und ich fragte mich: Warum eigentlich nicht?“ Doch bevor sie ins Geschäft einstieg, wollte sie die Tiere verstehen. Also begann sie zu experimentieren. In ihrem Wohnzimmer baute sie ein kleines Terrarium auf. Sie beobachtete ihre ersten Schnecken, gab ihnen Nummern, um sie voneinander unterscheiden zu können, studierte ihr Verhalten. „Ich wollte wissen, wann sie fressen, was sie fressen, wie sie sich paaren, wann sie sich zurück ziehen. Ich habe Nächte damit verbracht, sie zu beobachten. Und je mehr ich lernte, desto mehr hat mich diese Welt in ihren Bann gezogen.

Bald darauf zog sie ihre ersten 500 mediterranen Weinbergschnecken in einem kleinen Freilandgehege groß. Die Tiere stammten aus einer Schneckenzucht im Burgenland. Doch Simone wollte mehr – sie wollte ein System schaffen, das im Einklang mit der Natur funktioniert. Nachhaltigkeit ist für sie kein Trend, sondern eine Lebensphilosophie. Sie baut ihre eigenen Kräuter an, nutzt Lebensmittelreste von Supermärkten im Ort, die sonst im Müll landen würden, und gibt der Natur zurück, was sie entnimmt. „Schnecken sind wahre Überlebenskünstler. Sie brauchen nur wenig, um zu gedeihen, und sie sind unglaublich effizient. Ihr Kreislauf ist perfekt. Der Vorteil der mediterranen Schnecke im Vergleich zu unserer heimischen Weinbergschnecke ist ihre um zwei Jahre verkürzte Zeit bis zur Geschlechtsreife.

Herausforderungen und Rückschläge

Doch der Weg in die Schneckenzucht war nicht immer einfach. Es gab viele Herausforderungen, mit denen sie nicht gerechnet hatte. „Ich dachte anfangs, dass Schnecken unkompliziert sind – aber das stimmt nur bedingt, erzählt sie. Besonders das Wetter kann zum Problem werden: Zu lange, kalte Winter müssen bei dieser Gattung im Kühlhaus überbrückt werden. Zu viel Trockenheit im Sommer stoppt das Wachstum. Und natürliche Feinde wie Insekten, Schlangen, Vögel können in kürzester Zeit ganze Bestände dezimieren. „Man glaubt gar nicht, wie einfallsreich man wird, wenn man seine Schnecken schützen muss, lacht sie. „Ich habe mir mein Wissen Stück für Stück selbst erarbeitet und schnell aus meinen Fehlern gelernt und jedes Jahr optimiert.

Schnecken erobern die Spitzenküche

Doch Schnecken sind nicht nur spannend in der Zucht, sondern auch in der Küche. Viele Menschen haben Berührungsängste, wenn es um den Verzehr von Schnecken geht. „Die meisten denken an eine schleimige Konsistenz, erklärt Simone. Dabei sind Schnecken eine wahre Delikatesse. „Ihr Geschmack erinnert an die ‚Früchte des Waldes‘ – erdig, ein bisschen wie Pilze, mit einer feinen, nussigen Note.

Die Gastronomie erkannte bald das Potenzial ihrer Schnecken. Während der Pandemie hatten viele Spitzenköche plötzlich mehr Zeit, neue Produkte auszuprobieren. Sie experimentierten mit neuen Zutaten, suchten nach innovativen Konzepten – und entdeckten dabei die Kaiserschnecken von Simone Embacher. „Ich musste nie ein Restaurant anschreiben oder meine Schnecken aktiv bewerben – die Köche kamen zu mir, erzählt sie stolz. Heute liefert sie ihre Schnecken an zahlreiche Restaurants in der Region und darüber hinaus. Köche lieben die Vielfalt der Zubereitungsmöglichkeiten: ob klassisch in Kräuterbutter, gebacken oder sautiert, hier kommen alle auf ihren Geschmack. Schnecken enthalten nur 1% Fett und bestehen zur Gänze aus einem Muskel, vergleichbar mit dem Oktopus. Daher sind lange Siedezeiten vonnöten, damit das Fleisch schön weich wird. 

Zukunftspläne und Visionen

Doch Simone Embacher hat noch viel vor. Sie möchte nicht nur Schnecken züchten, sondern das Bewusstsein für nachhaltige Ernährung und klimafreundliche Zucht weiter schärfen. Um das Produkt besser einordnen zu können, nennt Simone einige Zahlen zum Vergleich. Ein Kilogramm Rindfleisch benötigt in etwa 15.000 Liter Wasser (inkl. Trinkwasser für das Rind, Bewässerung der Futtermittel und Wasser für die Verarbeitung) und 150 kg Nahrung in seiner Erzeugung. Ein Kilo Schneckenfleisch hingegen benötigt 2-3 Liter Wasser und 1 kg Nahrung. „Ich sehe es als meine Mission, den Menschen die Angst vor Schnecken zu nehmen und sie als wertvolle, nachhaltige Eiweißquelle zu etablieren.“ Deshalb führt sie Gruppen durch ihre Schneckenzucht und bietet Kostproben an. 

Schneckenkaviar

Seit Kurzem tüftelt Simone an einem ganz exklusiven Produkt, ihrem Schneckenkaviar. „Ab dem Spätsommer habe ich ein eigenes Gehege, das ich die Liebeskammer nenne, errichtet. Dort legen die Schnecken ihre Eier direkt in kleine Töpfe. Ich sammle diese frisch und lege sie in Salzlake ein. So ein tolles Produkt habe ich selbst zuvor noch nie probiert. Der Geruch und Geschmack gleicht einem Waldboden nach dem Sommerregen. Ein Wahnsinn. Jedes Jahr gibt es nur ein sehr limitiertes Angebot.“ 

Langfristig träumt sie von einem eigenen kleinen Hof, auf dem sie nicht nur Schnecken, sondern auch ihre anderen Standbeine, vereinen kann. „Ich möchte einen Ort schaffen, an dem Tradition und Innovation zusammenkommen – wo man lernen und genießen kann.

Und so bleibt Simone Embacher nicht nur eine Schneckenzüchterin – sondern eine Visionärin, die mit Leidenschaft und Hingabe eine alte Tradition in die moderne Zeit bringt.

Mit diesen Frauen arbeite ich gerne zusammen?

Mit meiner Schwester Silvana und dem Weinatelier Agnes, mit Johanna Jenewein von Essenz der Alpen und mit meiner Tante Maria. Sie ist mein wandelndes Pflanzenlexikon und bringt mir immer wieder neues Wissen bei und hat dabei eine so angenehme ruhige Art, dass die Welt nachdem sie da war, einfach ein bisschen besser ist, als noch kurz davor.

Mit dieser Frau würde ich mich gerne einmal austauschen?

– Mit Anke Engelke würde ich gerne einmal am Tisch sitzen und plaudern. Ich bin extrem beeindruckt von ihr. Zunächst einmal wegen ihrer Intelligenz, aber auch wegen ihres nachhaltigen Lebensstils. Sie verzichtet auf vieles und klärt dabei auf, ohne zu belehren. 

– Mit Leonore Gewessler würde ich gerne über Umwelt und nachhaltige Politik sprechen. Wie sie konsequent und unbeirrt ihren Job ausgeführt hat, hat mich nachhaltig inspiriert. 

Kontakt

Simone Embacher

Ellmau Kaiserschnecke

Mühlberg 5 (Farm)
6352 Ellmau

+43 (0)664 4541203

simone@kaiserschnecke.at

kaiserschnecke.at

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