Lisl Wagner-Bacher & Susanne Dorfer-Bacher
Landhaus Bacher
Zwei Frauen. Eine Leidenschaft für die Gastronomie. Eine Haltung, die verbindet.
Porträt von Martina Baumgartner


Als die Initiatorin von Female Chefs, Karin Stöttinger, im Rahmen der Gründung ihrer Plattform den Begriff „Köchin Österreich“ in die Online-Suchmaschine eingab, war der erste Treffer: Lisl Wagner-Bacher. Sie ist immer noch eine wahre kulinarische Ikone, die über Jahrzehnte hinweg nicht nur Maßstäbe in der Küche setzte. Sie gilt weit über Österreich hinaus als Referenz für kulinarische Brillanz. Aber nicht nur das: Sie prägte eine Ära und war Vorbild für eine neue Generation selbstbewusster Frauen in der Gastronomie.
In Mautern an der Donau erschuf die Familie Bacher mit dem Landhaus Bacher einen Sehnsuchtsort für Genussmenschen. Gemeinsam, als Familienbetrieb – mit kulinarischem Fingerspitzengefühl, viel Gespür für das Gastgeben, mit einer ganz selten erlebten Servicequalität. Heute führt Lisl Wagner-Bachers Tochter Susanne Dorfer-Bacher mit ihrem Mann Thomas Dorfer das Landhaus Bacher weiter – und gilt als eine der begnadetsten Gastgeberinnen Österreichs und wurde vom Rolling Pin Magazin 2023 als „Maitre des Jahres“ ausgezeichnet, die als Sommelière, in der Führung und im täglichen Miteinander eine ebenso prägende Rolle einnimmt wie Lisl Wagner-Bacher. Zwei Generationen, zwei Aufgabenfelder – verbunden durch dieselbe Überzeugung: dass Gastlichkeit mehr ist als ein Beruf.
„Als ich meinen Mann kennengelernt habe, habe ich gesagt: Wenn du mich heiratest, heiratest du einen Betrieb mit.“
Lisl Wagner-Bacher lächelt in Erinnerung an diesen Moment. Es ist ein Satz, der viel über sie verrät. Über die Klarheit, mit der sie Verantwortung übernommen hat – und über ihre Fähigkeit, dabei ganz bei sich zu bleiben. 1976 heiratete sie Klaus Wagner, der damals als Hochbauingenieur tätig war – und bald Teil jenes Lebens wurde, das sie mit Entschlossenheit und großem Respekt vor dem, was ihre Eltern aufgebaut hatten, weiterentwickelte. 1979 übernahm sie das Landhaus Bacher, ohne formale Kochausbildung, aber mit der Vision, etwas Eigenes zu erschaffen. „Ich bin eine Autodidaktin. Aber mein Mann hat ziemlich schnell gesehen, dass ich es kann.“

Sie las sich mit unbändigem Wissensdurst in Kochbücher ein – ob als Abendlektüre oder beim Friseur, die Kochbücher zur Fortbildung und Inspiration waren immer dabei. Das legendäre Kaviar-Ei – ihr Signature Dish – entstand aus einer Idee, einem Experiment und dem Vertrauen in den eigenen Geschmack. „Es hat immer mein Geschmack sein müssen, von Anfang an.“ Was sie geschaffen haben, sie und ihr Mann, war nicht nur ein Ort des Genusses, sondern ein Lebensraum: für Gäste, für Mitarbeiter:innen, für die eigene Familie. Klaus Wagner war Mitgestalter des Landhaus Bacher, Motor, Rückhalt und treibende Kraft hinter den Kulissen. „Ohne ihn wäre es dazu nicht gekommen“, erinnert sich Lisl Wagner-Bacher. Und man glaubt ihr jedes Wort. Auszeichnungen wie 1983 „Koch des Jahres“ – als erste Person überhaupt von Gault&Millau mit diesem Titel geehrt – nahm sie mit Bodenhaftung an. „Wir haben uns eine Flasche Wein aufgemacht, wir zwei, und gesagt: Ja, wir stehen in der Zeitung. Aber wir bleiben, wie wir sind.“
Der Aufstieg war nicht geplant. Und doch war er konsequent. Schritt für Schritt wurden die nötigen Veränderungen vorgenommen. Nie aus Prinzip, sondern aus dem eigenen Wunsch heraus. Für Susanne Dorfer-Bacher war dieses Leben nie fremd. Aufgewachsen über dem Restaurant, wurde der Alltag zwischen Tischen, Tellern und Gesprächen zur Selbstverständlichkeit. „Wir haben das nicht so mitbekommen – das war einfach normal. Die Mama war ja immer da. Und wenn was war, waren die Eltern greifbar.“ Dass ihre Mutter „Koch des Jahres“ geworden war, nahm sie damals natürlich wahr – aber es veränderte nichts.

Heute ist Susanne selbst eine der prägendsten Gastgeberinnen des Landes. Im Gespräch mit ihr und als Gast im Landhaus Bacher nimmt man eines von Beginn an wahr: Ihre gelebte Freude am Beruf und ihre Leidenschaft für das Restaurant, die Mitarbeiter:innen sowie ihre große Hingabe für Wein. Und ihre Haltung: Ruhig, klar, präsent, ohne sich in den Vordergrund zu stellen.
„So eine Auszeichnung wie ‘Beste Gastgeberin‘ freut einen schon. Aber es ist immer eine Team-Leistung. Wir funktionieren nur gemeinsam.“
Auf die Frage, aus welchem Grund man sich für einen beruflichen Werdegang in der Gastronomie entscheiden sollte, muss Susanne Dorfer-Bacher nicht lange überlegen: „Ich kann allen jungen Menschen sagen: Service ist ein so schöner Beruf. Wenn du dafür gemacht bist, kannst du mit Kleinigkeiten Freude schenken. Und du bekommst die Wertschätzung direkt zurück.“
Ihre große Leidenschaft gehört neben ihrer Liebe für den Service auch dem Wein – geprägt von ihrem Vater Klaus Wagner, der in diesem Bereich als Institution unter den Weinliebhabern in Österreich galt. „Ich will nicht, dass der Wein das Gericht übertönt. Der Wein muss das Gericht abrunden. Und niemand kennt die Küche meines Mannes so gut wie ich.“ Dass sie das Zusammenspiel von Küche und Wein so fein ausbalanciert, schätzen die Gäste des Landhaus Bacher besonders. Ihre Fähigkeit, Atmosphäre zu schaffen und gleichzeitig das Handwerk auf Spitzenniveau zu beherrschen, ist außergewöhnlich.
Dass die beiden Frauen miteinander an ihren Herausforderungen gewachsen sind, spürt man in jedem Satz des Gespräches. Lisl Wagner-Bacher hat früh verstanden, dass jede Generation ihren eigenen Weg gehen muss – auch wenn das bedeutet, loszulassen. Heute ist Sternekoch Thomas Dorfer, Susanne Dorfer-Bachers Mann, in der Küche des Landhaus Bacher federführend – einer der besten Köche Österreichs, vielfach ausgezeichnet, präzise, leidenschaftlich und mit einer klaren Linie. Für Lisl Wagner-Bacher eine Selbstverständlichkeit. „Ganz ehrlich – das ist jetzt sein Part. Ich mische mich nicht ein, jeder hat seinen Raum.“ Was die Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Temperamenten und Führungsstilen bedeutet, ist beiden bewusst. „Das muss man lernen. Das ist Beziehungsarbeit“, stimmen beide überein.
„Ich habe nicht zwei Leben. Ich habe nicht ein Geschäftsleben und ein Familienleben. Das war immer eins.“
So beschreibt Lisl Wagner-Bacher den Alltag im Landhaus Bacher in Mautern an der Donau, der generationenübergreifend wirkt. Und es ist kein romantischer Rückblick, sondern eine bewusste Entscheidung, Familie und Beruf nicht zu trennen, sondern ineinander wachsen zu lassen. Wenn eines ihrer Kinder eine Rechenaufgabe hatte, hatte das schon mal vor dem gerade stattfindenden Kochkurs Priorität. Susanne Dorfer-Bacher sieht das ähnlich. „Ich habe es nie als Verzicht gesehen. Das muss jede Frau für sich selbst wissen.“ Dass sie ihren Beruf mit Begeisterung ausübt, ohne dabei ein klassisches Rollenbild zu bedienen, ist kein Statement – es ist Normalität. „Wenn du als Frau Kinder hast und du bist glücklich – dann sind es auch deine Kinder.“


Klar spricht Susanne über die Entwicklung ihrer Rolle: „Früher bin ich nicht als Chefin angesprochen worden – das hat sich aber alles entwickelt. Ich war nicht die, die sich über Autorität definiert hat. Ich habe einfach gern gemacht, was ich gemacht habe.“ Heute ist sie im Landhaus Bacher stets präsent und bleibt dabei sich selbst treu. „Wir haben ein junges Team – und ich bin sehr stolz darauf. Unser Service fällt positiv auf, das freut einen schon sehr.“
Diese Frage, warum es so wenig Frauen in der Gastronomie gibt, begleitet Lisl Wagner-Bacher seit Jahrzehnten. Ihre Antwort ist differenziert: „Gastronomie lässt sich für Frauen am besten in einer Selbstständigkeit vereinbaren. Und wenn man vor Ort wohnt.“ Aber sie ergänzt: „Jede Frau muss für sich wissen, was sie will.“ Dass sie für viele eine Wegbereiterin war, ist ihr erst im Rückblick bewusst geworden. Nie laut, nie mit Absicht – aber mit Wirkung. „Dass ich eine Rolle für andere gespielt habe, war mir damals nicht bewusst und habe es auch nicht darauf angelegt. Ich habe einfach gemacht, was ich für richtig hielt.“
Heute steht sie – gemeinsam mit ihrer Tochter – für eine Gastronomie, die tiefgründig, weiblich und voller Haltung ist. Nicht als Gegenmodell zur Männlichkeit, sondern als Ausdruck von Persönlichkeit.
Denn am Ende geht es um das, was bleibt. Ein Haus, das seine Seele behalten hat. Und zwei Frauen, die wissen, was es heißt, sie weiterzugeben.

Kontakt
Lisl Wagner- Bacher & Susanne Dorfer-Bacher
Landhaus Bacher
Südtiroler Platz 2
3512 Mautern an der Donau
Tel: +43 2732 82 937