Lisa Machian

Chefköchin und Inhaberin Café Caché

„Wer einmal kreativ, frei und in Bewegung gearbeitet hat, möchte niemals mehr etwas anderes machen.”

Fotos © Valentin Boschi / Agentur Zwupp

Beseelt von der Gastronomie in London, erlernte sie das Kochhandwerk in Paris und verzaubert heute ihre Gäste in ihrem eigenen Café Caché im 15. Bezirk.

Aufgewachsen in Wien, zog es die damals 19-Jährige für eine Saison in die Berge. Dort verliebte sie sich in einen Engländer und folgte ihm nach England, um dort in der Werbebranche zu arbeiten. „Eigentlich wuchs ich in einer Gastronomiefamilie auf. Meine Großeltern hatten bereits eine Bäckerei im 14. und die andere Seite ein Gasthaus im 10. Bezirk in Wien. Meine Eltern meinten aber, ich sollte was G’scheites lernen und studieren. Einen Versuch war es wert, schmunzelt die heutige Chefköchin.“

In London lernte sie bei vielen Firmendinners die dortige Gastronomie kennen und schätzen. „In London eröffnete sich mir eine andere Form der Kulinarik und plötzlich machte sich das Gefühl in mir breit, dass ich eigentlich gerne kochen würde. Aber mit Anfang 20 konnte ich es mir nicht leisten, als Küchenhilfe anzufangen und blieb deshalb im Marketing. In dieser Zeit lernte ich meinen Mann Arnaud kennen. Er wusste damals bereits in London, dass er mit einem Freund ein Restaurant in Paris aufsperren würde. Also ging ich mit ihm nach Frankreich. Leider hatte ich kein Interesse in ihrem mediterranen Barbecue Konzept und suchte mir abermals einen Job in der Marketingbranche. Nach einem Jahr saß ich unglücklich in Paris und wusste nicht, wie es weiter gehen soll. Mein Mann sagte damals zu mir: „Nimm dir ein oder zwei Jahre Zeit. Ich unterstütze dich, während du herausfindest, was du machen möchtest und dich neu orientierst.

„Ich wollte frei und kreativ kochen.“

Lisas große Chance war gekommen und sie bewarb sich an einer der zwei großen Kochschulen in Paris, wurde angenommen und fing 2 Monate später einen sechsmonatigen Intensivkurs für Quereinsteiger:innen an. Es folgte ein sechsmonatiges Praktikum in einem 3-Sterne-Restaurant, das ihr aufzeigte, dass 16 Stunden Tage und der hohe Druck nicht die Art zu kochen sind, die sie sich erhofft hatte. „Nach der sehr höflichen, englischen Bürokultur, bei der immer nach einer konstruktiven Art der Kommunikation gesucht wird, war dieser Umgang ein Schlag ins Gesicht. Ich wusste, hier würde ich innerhalb kürzester Zeit ausbrennen.”

Ich wollte frei und kreativ kochen. Über einen Bekannten meines Mannes fand ich eine Anstellung in einer kleinen Natural Wine Bar bei Martin Boire et Manger mit gutem Essen. Wir hatten nur am Abend offen, änderten jeden Tag die Karte und legten den Fokus auf das Produkt. Hier fand ich das Gefühl und die Liebe zum Kochen wieder. Der Inhaber unterstütze sogar Bauern im Umland und nahm ihnen die Ernte ab. Diese Art von Zusammenschlüssen vermisse ich heute leider in Wien. In Österreich haben Supermärkte die Marktkultur ersetzt. Das finde ich sehr schade, weil es auf den meisten Märkten herausragende Qualität gibt. Aber vielleicht ergibt sich ja über dieses Netzwerk ein Zusammenschluss von mehreren Restaurants, die gemeinsam etwas anstoßen.

Ihre nächste Station führte Lisa in die Museumsgallery Le Bal Cafe Otto. „Von London war ich es gewohnt, dass in Museen gutes Essen angeboten wird, aber hier in Paris kannte das damals noch keiner. Wir hatten unter der Woche nur zum Lunch und am Wochenende für einen Brunch geöffnet. Am Abend fanden manchmal geheime Abendessen statt, die gut funktionierten, aber nicht nach außen kommuniziert wurden. Wir waren ein tolles Team und es machte mir großen Spaß.”

Ihr Weg führte sie weiter zu einer Fashion – Cateringfirma, die sie, mit einem Bekannten als Investor, aufbauen durfte. „Und auch in dieses Projekt habe ich mich voller Elan, jedoch komplett blauäugig, hineingestürzt. Catering ist eine ganz andere Nummer. Du bist getrieben von der Logistik, den vielen unterschiedlichen Angeboten wie Brunches, Lunches oder Galadinners und hast neben der Customerrelations noch ganz viele Bedürfnisse der jeweiligen Kund:innen zu stillen. In dieser intensiven Zeit wurde ich schwanger und Corona kam. In Frankreich kehrt eine Mutter nach nur drei Monaten Mutterschutz in ihren Beruf zurück. Aufgrund fehlender Alternativen und meinem Pflichtbewusstsein geschuldet, ging ich in den Job zurück, bis ich nichts mehr unter einen Hut brachte und kündigte. Glücklicherweise stieg ein gemeinsamer Bekannter in das Geschäft ein, formte es zu seinem um und führt es bis heute erfolgreich. Mein Mann und ich wussten zu diesem Zeitpunkt schon, dass wir nach Wien gehen und dort ein eigenes Restaurant eröffnen werden, brauchten jedoch noch ein Jahr Zeit, um alles zu regeln. Ich kehrte also wieder zurück in eine Festanstellung und begann bei meiner Freundin in ihrem rein weiblichen Cateringunternehmen Bonne Femme zu arbeiten.

„Dieses Frauenteam war der Eyeopener für mich. Es herrschte ein komplett anderer Vibe in der Küche. Jede von uns Frauen hatte ihre Stärken und wir vereinten sie zu etwas Gemeinsamen. Ich durfte viele große Projekte realisieren und lernte unglaublich viel in der Mitarbeiterinnen-führung und im Management dazu. Für all diese Erfahrungen bin ich heute sehr dankbar.”

Zurück in Wien hatte sich die Stadt nach fünfzehn Jahren verändert und das Ehepaar kannte niemanden in der hiesigen Gastroszene. Lisa wusste, dass Simone von Karmafood immer wieder Köch:innen hostete, fragte an und bekam postwendend den Zuschlag für ihr erstes Pop-up. Das Event war ein voller Erfolg, genauso wie ihr darauffolgendes Pop-up mit dem Mochi-Team. „Wir waren total überrascht, da uns und unseren Kochstil hier niemand kannte. Aber die Leute kamen, reservierten und bereiteten uns einen grandiosen Empfang in unsere neue Wahlheimat.

Simone Raihmann bot uns darauf hin an, den gesamten Juni im Karma Food in der Ausstellungsstraße zu kochen und den Namen Caché zu etablieren. Der Name steht im Französischen für „versteckt“ und wir fanden, dass er für diese Art von Pop-ups sehr gut passte. Außerdem wussten wir, dass wir professionell auftreten mussten, überzeugten die Agentur Zwupp und schon ging es los. Es war total chaotisch. Wir konnten erst um drei ins Restaurant, ich musste viel zu Hause vorkochen und wir versuchten Tische zu rotieren, obwohl ich mit dem Schicken der Gänge nicht hinterherkam. In dieser Zeit haben wir sehr viel Wein ausgeschenkt“, lacht Lisa.

Danach bekochten sie noch das Kommod und im Hotel Kristiania, bevor sie sich in das damalige Café Z verliebten, ihr Café Caché daraus machten und im März 2024 ihr erstes, gemeinsames Restaurant eröffneten. „Das Lokal war Liebe auf den ersten Blick. Große Fenster, eine Theke, die perfekte Größe. Hier können wir endlich unseren Stil umsetzen. Das Team hat sich mittlerweile eingegroovt und das Publikum ist zu unserem geworden. Das ist bei Übernahmen stets ein heikler Punkt, weil ein neuer Kochstil, neue Menschen anzieht und Stammgäste vielleicht vor den Kopf stößt. In Österreich hat essen gehen einen anderen Stellenwert als in Paris und die Wertschätzung ist eine andere. Der große Vorteil ist natürlich die Neuheit unseres Konzeptes, das wir seit diesem Mai auch in einer Kooperation mit Gut Oggau zeigen. Meinen persönlichen Kochstil würde ich als frei und kreativ bezeichnen. Meine französische Ausbildung beeinflusst mich genauso wie meine Heimat Österreich und meine Liebe zum gesamten asiatischen Raum, obwohl ich diesen Überbegriff für die Vielfalt der Länder nicht mag. Aber ihr Ansatz nach gluten- und laktosefreien Essen entspricht meiner Philosophie. Ich kooperiere genau aus diesem Grund mit einer Mühle und verarbeite viel mehr als den klassischen Dinkel, Emmer und Roggen. Zu Mittag koche ich bodenständig, Gerichte, die Kraft geben und Spaß machen. Am Abend überrasche ich dann gerne mit neuen Geschmäckern.”

Ein Geschmack, der Lisa vor über 15 Jahren begeistert hat, war ein einfacher Bio-Eisberg Salat im Restaurant Caravan, London, pur serviert, mit einer Prise Maldon Salz und gutem Olivenöl. „Damals erkannte ich erstmals die Wichtigkeit eines guten Grundproduktes. Dieser Aha-Effekt ist mir bis heute in Erinnerung geblieben und beeinflusst mein Kaufverhalten.”

Über ihren bunten Werdegang sagt sie selbst: „Wer einmal kreativ, frei und in Bewegung gearbeitet hat, möchte niemals mehr etwas anderes machen. Als Mutter würde ich mir noch mehr Unterstützung von Seiten der Politik wünschen. Das Potenzial von uns Frauen kann durch die vermeintliche Teilzeitarbeit nicht voll ausgeschöpft werden und das ist schade. Deshalb braucht es Netzwerke wie Female Chefs, um sich auszutauschen und gemeinsam etwas zu bewegen.”

Langweilig wird Lisas Zukunft bestimmt nicht, denn sie sieht sich jetzt schon mit 40 in einem Häuschen am Land in Österreich oder Frankreich. Ihr insgeheimer Traum ist Zimmer zu vermieten, die Menschen zu bekochen und Blumen zu gestalten. Wir sind gespannt und freuen uns jetzt schon.

Mit welchen Frauen aus der Kulinarik Branche arbeitest du gerne zusammen?

  • mit Stephanie Tscheppe – Eselböck

  • mit Tina & Mara vom Kommod / Azzuro

  • mit den Frauen von der französischen Cateringfirma Bonne Femme 🙂

Mit diesen Frauen würdest du gerne einmal plaudern?

Mit allen Frauen, die sich vor 100 Jahren + gegen patriarchale Strukturen gewehrt haben. Ich denke, dass wir es in unserer heutigen Gesellschaft nochmal so viel einfacher haben, uns durchzusetzen und das zu machen, was wir wollen im Gegensatz zu der nicht allzu fernen Vergangenheit.

Zu diesen Themen würde ich gerne etwas sagen:

  • Zum Mutter sein & Vollzeit arbeiten

  • zum Shopping Habits Markt und den kleinen Strukturen vs Supermarkt

  • sowie zum Thema: Wie ernähren wir unsere Kinder & Kranken und wie sich System Essensversorgung in die falsche Richtung entwickelt hat.

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