Julia Fandler

Inhaberin Ölmühle Fandler

„Ich will beweisen, dass man mit einem hohen Maß an Menschlichkeit wirtschaftlich erfolgreich sein kann.“

Foto © Markus Lang-Bichl
Foto © Ölmühle Fandler

Dieses Credo begleitet Julia Fandler tagtäglich in ihrem Tun. Die Ölmühle Fandler steht nicht nur für außergewöhnliche Bio-Öle, sondern auch für eine Philosophie des respektvollen, nachhaltigen Wirtschaftens.

Die Ölmühle Fandler hat eine lange Tradition. Julias Urgroßvater übernahm sie 1926 und baute sie zu einem anerkannten Betrieb aus. Ihr Vater war bereits in den 1980er Jahren ein Vorreiter der Bio-Bewegung. Er erkannte früh das Potenzial hochwertiger, biologisch produzierter Öle und platzierte die Marke erfolgreich in Österreichs Biomärkten.

Julia verbrachte ihre Schulzeit in Graz. Nach absolvierter Matura ließ sie ihr Heimweh jedoch bald wieder nach Pöllau in den vertrauten elterlichen Betrieb zurückkehren. Durch die familiäre Patchwork-Situation fand sie besonders in den älteren Mitarbeiterinnen mütterliche Bezugspersonen. In der Ölmühle brachte sie sich mit Begeisterung in fast alle Abteilungen ein, vom Versand über den Laden bis hin zur Produktion. Nur das Handwerk des Ölpressens, für das viele Jahre an Erfahrung nötig sind, blieb weiterhin in den Händen der Pressmeister. Julia war schon immer gern mitten im Geschehen und schätzt das enge Miteinander im Team. 

Dies half ihr auch, psychisch extrem herausfordernde Zeiten zu überstehen. Nach dem allzufrühen Tod ihres Vaters war sie getrieben von einem überbordenden Maß an Pflichtbewusstsein und Fürsorge für die anderen und vergaß dabei, auf ihre eigenen Ressourcen zu achten. „Mir wurde auf leidvolle Weise klar, dass ich ohne professionelle Hilfe und sogar einer stationären Auszeit keinen Ausweg aus der Depression finden würde.“

Auch heute noch spricht Julia ganz offen über ihre Krankheit. Sie möchte anderen Mut machen, sich Hilfe zu suchen und zeigen, dass jede Erfolgsgeschichten Höhen und Tiefen hat. 

"Wir pressen es an fünf Tagen frisch, weil es so sein volles Aroma entfaltet."
Foto © Ölmühle Fandler

Bio-Qualität und handwerkliche Perfektion

Julia Fandler setzt konsequent auf natürliche Zutaten und biologische Landwirtschaft. „Gute Öle brauchen beste Rohstoffe. Wir verarbeiten nur das, was wir selbst mit gutem Gewissen essen würden.“ Die Ölsaaten bezieht sie, wo immer möglich, von regionalen Bio-Bauern. Nachhaltigkeit beginnt für sie bei den Anbaubedingungen und endet bei der schonenden Verarbeitung in der Ölmühle.

Die Ölmühle Fandler produziert nach der traditionellen Stempelpressmethode. Im Gegensatz zu industriellen Verfahren bleiben dabei wertvolle Inhaltsstoffe und intensive Aromen erhalten. „Ein gutes Öl unterstreicht jedes Gericht.“ Besonders Leinöl hat sich als Verkaufsschlager etabliert. „Wir pressen es an fünf Tagen frisch, weil es so sein volles Aroma entfaltet.“

Von Klassikern bis zu Innovationen

Das Sortiment umfasst mittlerweile 22 verschiedene Öle – von Klassikern wie Kürbiskern- oder Walnussöl bis zu spannenden Neuentwicklungen wie Marillenkern- oder Traubenkernöl. „Wir probieren gerne Neues aus und sind stets bestrebt, unser Know-how innovativ zu nutzen.“ Jedes Öl bringt seinen eigenen Charakter mit, sei es das nussige Aroma des Haselnussöls oder die feine Marzipannote des Marillenkernöls.

Ein Meilenstein war die Neugestaltung der Verpackung. Die klassischen Henkelflaschen wurden ersetzt und das Etikettendesign immer wieder kontinuierlich weiterentwickelt. „Das war für mich ein mutiger Schritt. Ein Freund sagte einmal, ihr habt das beste Öl, aber man sieht es ihm nicht an.“ Der Prozess war jedoch weder logistisch noch emotional ein einfacher. Die vertrauten Flaschen waren über Jahrzehnte hinweg ein Erkennungsmerkmal der Marke und sowohl von meiner Seite als auch im Team gab es Bedenken. „Anfangs war die Skepsis gegenüber den Entwürfen unseres großartigen Grafik-Designers Peter groß. Würden die Menschen uns mit diesem auffallenden Design noch wiedererkennen?“ Doch die neue Gestaltung brachte klare Vorteile: bessere Handhabung bei der Verpackung und Etikettierung und eine deutlichere visuelle Differenzierung zum Mitbewerb im Regal. Die Etiketten spiegeln den Charakter der einzelnen Öle wider, mit lebendigen Farben und sympathischen Illustrationen. „Heute sind wir stolz darauf, diesen Schritt gegangen zu sein. Er hat unsere Marke moderner und präsenter gemacht, ohne die Werte zu verlieren, für die wir stehen.“

Foto © Liebert

Ausbau der Ölmühle Fandler

Mit dem kontinuierlichen Wachstum der Ölmühle Fandler stellte sich die Frage, wie der Betrieb zukunftssicher aufgestellt werden kann. Julia entschied sich für eine große Investition: Der Um- und Zubau des Firmengebäudes sollte nicht nur den aktuellen Anforderungen gerecht werden, sondern auch Raum für weiteres Wachstum bieten. „Wenn wir schon neu bauen, dann so, dass wir auch in Zukunft genügend Platz haben, sagt Julia.

Der Planungsprozess wurde gemeinsam mit den Mitarbeitern gestaltet. Jedes Team durfte in Workshops seine Wünsche für den jeweiligen Bereich äußern, sodass die neuen Räumlichkeiten optimal an die Bedürfnisse aller Abteilungen angepasst wurden. Das Ergebnis ist ein modernes, nachhaltiges Gebäude mit großzügigen, lichtdurchfluteten Arbeitsräumen und einer optimierten Produktionslinie. Besucher können nun hautnah erleben, wie die hochwertigen Öle entstehen. „Es war ein großer Schritt, aber notwendig, um unsere Philosophie weiterzutragen und unseren Kunden die beste Qualität zu bieten, sagt Julia. Der Ausbau symbolisiert nicht nur Wachstum, sondern auch ihre Vision eines modernen, nachhaltigen Familienunternehmens.

Good to know: Fruchtpressung vs. Steinobstkernpressung

Die Ölmühle Fandler verarbeitet Kerne, Nüsse und Samen nach der traditionellen Stempelpressmethode. Im Gegensatz zu industriellen Verfahren bleiben dabei wertvolle Inhaltsstoffe und intensive Aromen erhalten. Pressmeister benötigen viel Fingerspitzengefühl, um den perfekten Mahlgrad, die optimale Temperatur und den richtigen Zeitpunkt abzuschätzen, um hochwertigstes Öl zu produzieren. Zwei Jahre Ausbildung sind nötig, um bei Fandler den Titel „Pressmeister“ tragen zu dürfen.

Neben Ölen aus Kernen, Nüssen oder Samen wird auch noch zwischen Fruchtpressung und Steinobstkernpressung unterschieden. Während bei Fruchtpressungen (wie Olivenöl) das Öl direkt aus dem Fruchtfleisch gewonnen wird, verarbeitet man bei Steinobstkernölen den Samen im Inneren der Kerne. Diese enthalten nur einen geringen Anteil an Öl, weshalb die Gewinnung sehr aufwändig ist. Das Ergebnis sind aromatische Öle mit einer besonderen Intensität, die beispielsweise aus Marillen-, Kirsch- oder Zwetsckenkernen gewonnen werden.

Fotos © Liebert

Die richtige Handhabung von Öl

Öle sind empfindliche Naturprodukte und sollten entsprechend behandelt werden. „Die meisten Öle bewahrt man am besten kühl und dunkel auf“, erklärt Julia. Während Leinöl nach dem Öffnen unbedingt in den Kühlschrank gehört, reicht es bei anderen Ölen, sie bei Zimmertemperatur und lichtgeschützt zu lagern.

Beim Erhitzen gilt die Faustregel: „Öl in der Pfanne so verwenden wie Butter – also erhitzen, aber nicht dampfen lassen.“ Die meisten kaltgepressten Öle eignen sich gut zum Anbraten, solange sie nicht überhitzt werden. „Ein hochwertiges Olivenöl kann beispielsweise durchaus zum Braten genutzt werden, solange man es nicht zum Rauchen bringt.“ Wer das volle Aroma genießen will, verwendet die Öle aber bevorzugt kalt – etwa in Salaten oder über fertige Gerichte geträufelt.

Vom Presskuchen zu hochwertigen Mehlen

Ein wertvolles Nebenprodukt der Ölpressung ist der sogenannte Presskuchen – die feste Masse, die nach dem Auspressen des Öls übrig bleibt. Dieser Presskuchen wird weiterverarbeitet und zu Mehlen vermahlen. Diese Mehle sind besonders eiweißreich und enthalten wertvolle Mineralstoffe. „Unsere Mehle sind bei Sportlern und gesundheitsbewussten Menschen beliebt, da sie hochwertige pflanzliche Proteine liefern“, erklärt Julia.

Fitness-Enthusiasten und ernährungsbewusste Kunden schätzen die Mehle nicht nur wegen ihres hohen Proteingehalts, sondern auch, weil sie von Natur aus glutenfrei sind. Das im Presskuchen verbleibende Fett ist zudem ein wertvoller Geschmacksträger und sorgt für eine angenehm nussige Note in Backwaren und Smoothies. Gerade in der kreativen Küche finden diese Mehle immer mehr Verwendung – sei es für proteinreiche Pancakes oder als nährstoffreiche Zutat in Müslis.

Fotos © Ölmühle Fandler

„Unsere Mehle sind bei Sportlern und gesundheitsbewussten Menschen beliebt, da sie hochwertige pflanzliche Proteine liefern.“

Nachhaltigkeit als Verantwortung

Nachhaltigkeit ist für Julia Fandler mehr als ein Trend. Neben der Bio-Qualität legt sie großen Wert auf kurze Transportwege und energieeffiziente Produktion. „Wir achten darauf, ressourcenschonend zu arbeiten – von der Saat bis zur Flasche.“ Auch im Unternehmen selbst wird diese Philosophie gelebt. Die Mitarbeiter arbeiten in einem Umfeld, das Wert auf Fairness und gegenseitige Wertschätzung legt. „Menschlichkeit ist für mich der wichtigste Erfolgsfaktor.“

Ein Blick in die Zukunft

Julia hat noch viele Ideen. Sie möchte weitere innovative Produkte entwickeln und mehr Menschen für hochwertige Speiseöle begeistern. „Der bewusste Umgang mit Lebensmitteln gewinnt immer mehr an Bedeutung. Das bestärkt mich darin, unseren Weg weiterzugehen.“ Dabei bleibt sie ihrer Linie treu: Handwerk, Qualität und ein respektvoller Umgang mit Mensch und Natur.

Fotos © Ölmühle Fandler

Mit diesen Frauen arbeitest du gerne zusammen?

  • Mit meinen Mitarbeiterinnen in der Ölmühle – den „Ölis“

Mit diesen Frauen würde ich mich gerne austauschen?

  • Mit meiner Urgroßmutter und meiner Oma, als sie noch junge Frauen waren.

Themen:

  • Wie man mit Menschlichkeit auf einem „Ponyhof“ wirtschaftlich erfolgreich arbeitet. 
  • Wie es ist, als „Exotin“ Chefin zu sein

Kontakt

Julia Fandler

Ölmühle Fandler

Prätis 1, 8225 Pöllau

info@fandler.at

+43 3335 2263

Instagram: oelmuehle_fandler

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