- ● Producer
Eva Nuart
Schafmilchproduzentin
„Milch ist das kreativste Grundprodukt überhaupt. Mir fallen spontan 530 verschiedene Sachen ein, die ich mit meiner Rohmilch machen kann. Der Zauber liegt in der Mischung aus Zeit, Lab und Kultur.“
Als älteste von vier Kindern übernahm sie vor drei Jahren den Schafmilchhof ihrer Eltern. Es war Liebe auf den zweiten Blick, denn zuerst entdeckte sie nach ihrem Gesundheitsmanagement Studium Irland und dass sie in einem Vorleben wohl Irin gewesen war. Nach einem Urlaub auf der Insel wusste sie sofort, hier war ich schon einmal, hier gehöre ich her. Sie und zwei Freundinnen packten ihre Koffer, bekamen durch einen lustigen Zufall in einer Bar um Mitternacht über einen Österreicher einen Job und blieben für zwei Jahre in West-Cork.
Zufälligerweise war zum 50. Geburtstag ihrer Mutter kein Urlaubstag mehr übrig und so kündigte sie spontan, kehrte zurück und brachte sich fortan am Hof ein und verliebte sich erneut, in ihre Heimat und die kreative Arbeit mit diesem Grundprodukt.
Seitdem vergeht kein Tag, an dem sie nicht ihre Selbstständigkeit und die Vielfalt des Berufes schätzt. „Schon während meines Studiums und dem Bürojob in Irland arbeitete ich nach der Arbeit in einer Bar im Service. Erst hier begann für mich die Arbeit so wirklich. Ich muss körperlich spüren, dass ich etwas getan habe“, strahlt Eva und hilft heute noch ihrem Bruder in seinem Restaurant im Service.
Schon ihre Eltern wussten vor 40 Jahren, was anstrengende Arbeit bedeutete, als sie den Hof mit fünf Schafen und null Wissen im Nebenerwerb aufbauten. „Ich glaube, der Tag hatte damals 48 Stunden. Die Einstellung zur Arbeit war damals eine ganz andere. Ich habe meine Mutter bei ihrer Pensionierung durch drei Leute ersetzt. Soviel kann und will ich gar nicht mehr arbeiten, alleine, dass ich etwas mehr Zeit für meine drei Kinder habe“.
Irgendwann stand dann auch bei ihren Eltern die Entscheidung im Raum, ob sie das teure Hobby aufgeben oder einen Vollerwerb daraus machen. Zweiteres war glücklicherweise der Fall und sie fokussierten sich von Anfang auf den Direktvertrieb zu Freunden, der Gastronomie, Natur- und Feinkostläden. Dieser Vertriebsweg ermöglicht ihnen bis heute, unabhängig vom Handel, ihre Preise selbst festzulegen, obwohl andererseits natürlich die kleinteilige Struktur um einiges anstrengender ist. Aber Autonomie ist alles für Eva und so setzt sie weiterhin auf höchste Qualität bei jedem Produkt.
Eva Nuart arbeitet mit 140 Schafen und insgesamt 55.000-60.000 Liter Schafrohmilch pro Saison. Im Vergleich: eine kleine Molkerei verarbeitet 200.000 Liter Milch am Tag. Dies zeigt, wie wertvoll jeder Tropfen Milch für Eva ist und wie sorgsam sie mit dem Produkt umgeht. Erst durch eine neue, ehemalige Molkerei-Angestellte, Mitarbeiterin bekam Eva einen Einblick in die Industrie, in der sie ja selbst noch nie gearbeitet hatte. War dort etwas verunreinigt, wurden auch schon mal 50.000 Liter einfach weg geleert. Unvorstellbar für die kleine Schafbäuerin, aber leider Realität.
„Meine Mutter hat mir von Anfang an beigebracht, sauber zu arbeiten und den höchsten Hygienestandard zu wahren.“ Gerade die Rohmilch von gesunden Tieren ist das wertvollste Produkt, dass wir viel zu selten verarbeiten, weil alle zu viel Angst davor haben. Kommt es in der Käseindustrie zu einem Listerien Skandal, dann wird der Rohmilchkäse auf die Titelseite geschoben, obwohl der oft gar nicht betroffen war. „Laktoseintoleranz ist kein Wunder, wenn die Industrie alle guten, wie auch schlechten Bakterien und Kulturen in der Milch abtötet und für 3 Monate haltbar macht. Unser Darm kann mit so einem glatten Produkt nichts mehr anfangen und entwickelt Intoleranzen. Auch das Fehlen jeglicher Bakterien verursacht bei der kleinsten Verunreinigung großen Schaden und Probleme.“
Evas Rohmilchkäse wird maximal auf 30-35 Grad erhitzt. Die guten Mikroorganismen dadurch vermehrt und die schlechten in Schach gehalten. „Wir haben die letzten 4000 Jahre mit Rohmilch überlebt und jetzt will uns die Industrie einreden, dass das Pasteurisieren seit 70 Jahren das Non-plus-Ultra ist.“
Ob man den Unterschied schmeckt? Oh ja. Unsere Käse sind sehr frankophil angehaucht. Wir lieben den intensiven Geschmack von gereiftem Käse. Erst in diesen entfaltet sich das volle, tiefe Aroma, das nur Rohmilchprodukte erzeugen können. Eva gibt sehr gerne ihr Wissen an SchülerInnen, StudentInnen oder auch KöchInnen weiter. „Der Markt ist so groß und mehr von uns, würden allen guttun.“ Sie selbst arbeiten seit 15 Jahren mit einem französischen Käsereiberater zusammen und möchten diese Expertise nicht mehr missen.
Wenn die Wiesen und Gräser vielfältig sind, habe ich ein gesundes Tier, das wiederum gute Milch liefert. Diesen Kreislauf pflegen sie schon seit 25 Jahren mit einer zweiten Familie in einer Betriebskooperation. Schon damals war klar, dass sie den gesamten Kreislauf nicht alleine stemmen können. Seither kümmert sich die eine Familie um die Mutterschafe, gesunde Melkarbeit und das Melken und die Familie Nuart um die Verarbeitung der Milch. Und das können sie richtig gut, wie langjährige Partnerschaften in die Spitzengastronomie wie zum Beispiel zum Biohotel – Der Daberer zeigen.
Evas Geheimnis ist ihre Leidenschaft fürs Produkt und ihre Authentizität. „Wir produzieren nur, was uns schmeckt und was unsere Größe hergibt.“ Das macht ihre Produkte so besonders und ehrlich. In die Theorie möchte sie sich noch mehr vertiefen, ist sie doch selbst Autodidaktin und lernt im täglichen Machen.
Einen Geschmack, der sie zuletzt tief berührt hat, kochte ihr Bruder. Der eröffnete mit einem Freund die Bär&Schaf Wirtschaft in Völkermarkt. Eva besuchte bereits mit all ihren Freunden das Lokal, aber der Geschmack eines rohen Wildfangkarpfens aus dem Klopeinersee, mariniert mit Terriakisauce und brauner Butter lässt sie bis heute schwärmen.
Der große Familienzusammenhalt ist bis hier sichtbar. Die Jungs helfen während ihrer Saisonen beim Käsen am Hof und Eva hilft in der Gastwirtschaft im Service während ihrer Ruhepausen. Eine Win-win-Situation für alle Beteiligten. „Wir sind mit unserem Hof die Homebase für alle. Mittlerweile gibt es neun Enkelkinder, die alle gerne bei uns sind. „Hier wird es nie langweilig“, strahlt die dreifache Mama.
Ihre Heimat schmeckt nach den Nudelgerichten ihrer Oma. Diese betrieb mit ihrem Mann eine Mühle und kocht bis heute die besten Nudelgerichte, wie die Kärntnernudeln oder die Wickelnudel, welche in Butter und Bröseln gewälzt und vorzugsweise mit Apfelmus serviert werden.
Evas Leibgericht sind geschnittene Nudeln mit Erdäpfelsauce. Diese werden mit Thymian, Schafstopfen und Grammeln serviert.
Welche Frauen in der Kulinarik Branche findest du toll?
Chefs:
- Ingeborg Daberer – Gasthof Grünwald, St. Daniel im Gailtal
- Elisabeth Liegl – Liegl am Hiegl, Längsee
- Christine Schwarzenbacher – Arlbergerhof, Techendorf am Weißensee
Hospitality:
- Marianne Daberer – derdaberer, St. Daniel im Gailtal
- Anja Pichler – Restaurant Moritz, Grafenstein
- Monika Müller – dieForelle, Techendorf am Weißensee
- Julia Müller – Gasthof zum Dorfschmied, Klein St. Paul
Produzentinnen:
- Anna Draxler – Sorgendorfer Schlossforelle, Bleiburg
- Astrid Zerbst – Ziegenrohmilchkäse, Nötsch
- Veronika Dörfler – Hefehaus, Feldkirchen
Mit dieser Frau würdest du gerne einmal an einem Tisch sitzen?
- mit Sarah Wiener
Themen
- Rohmilch
- Rohmilcherzeugnisse