Elke Schmedler
Konditorin und Inhaberin von Friedlieb und Töchter, Linz
Wenn man das Friedlieb und Töchter betritt, spürt man sofort diese besondere Atmosphäre. Es riecht nach frisch gebackenen Kuchen und Kaffee, irgendwo läuft leise Musik im Hintergrund. Alles wirkt vertraut, wie ein zweites Wohnzimmer, ein Ort, an dem man ankommt und einfach sein darf.
Elf Jahre ist es her, dass Elke dieses Café eröffnet hat. Ein Ort mit Wohnzimmeratmosphäre, mit Kuchen wie von Mama, nur mit einem gewissen Twist aus der heutigen Zeit. Damals war das beinahe revolutionär in Linz, doch genau das wollte sie. Als Quereinsteigerin, studierte Mathematikerin und Architektin, schuf sie etwas Eigenes, das man nicht planen, sondern nur fühlen kann.
Safe-Space und Third-Place in einem
Aufgewachsen in Vöcklabruck, studierte sie zunächst Mathematik in Salzburg, dann Architektur in Linz. Sie arbeitete bereits in der Branche, als sie gemeinsam mit einer Freundin die Idee eines Cafés entwickelte. Was zunächst als Spaß begann, wurde greifbar, als die leerstehende Bäckerei im ältesten Bäckerhaus der Stadt frei wurde. 1555 erbaut, mit einer Geschichte, die man förmlich spüren kann. Der damalige Besitzer glaubte an ihr Konzept, und Elke, die kaum Erfahrung im Backen hatte, vertraute auf ihre Intuition.
Heute führt sie das Friedi, wie es liebevoll genannt wird, allein und leitet ein Team aus sieben jungen Frauen, die das Café zu einem zweiten Zuhause machen. Viele von ihnen sind Studentinnen, die hier nicht nur arbeiten, sondern sich wohlfühlen. Während unseres Gesprächs kommen Mitarbeiterinnen in die Backstube, erzählen Geschichten, lachen oder helfen spontan mit. Friedlieb ist längst mehr als ein Arbeitsplatz – es ist ein sicherer Raum, in dem Menschen zusammenkommen, sich begegnen und austauschen.
„Kuchen, die Erinnerungen wecken“
Wie schafft man einen Ort, an den Menschen immer wieder zurückkehren? Nicht wegen des schönen Interieurs oder eines Social-Media-Trends, sondern wegen der Atmosphäre, der kleinen Gesten, des Gefühls, willkommen zu sein. Genau das ist ihr gelungen: Kuchen, die Erinnerungen wecken, Räume, die Wärme ausstrahlen, Menschen, die sie mit Freude servieren.
Als Architektin plante, baute und richtete sie alles selbst ein. Heute ist das Café gereift, klarer, ruhiger, mit einer Eleganz, die ihrem Geschmack entspricht. „Während der Renovierung 2024 hatte ich große Angst, dass unseren Stammgästen der neue Look nicht gefallen würde“, erzählt sie. „Die alten Möbel hatten Spuren der Jahre, und auch ich war nicht mehr die Studentin von damals.“ Gemeinsam mit ihrer damaligen Nachbarin Helene Deisenhammer und ihrem Büro für Gestaltung, entstand ein Konzept, das Ruhe, Stil und Persönlichkeit vereint.
„Die Meisterprüfung hat alles verändert“
2022 legte sie die Konditormeisterprüfung ab, vor allem für sich selbst. Nach sieben Jahren Selbstständigkeit wollte sie ihr Wissen vertiefen. „Das Wissen über die Produkte und Rohstoffe war das größte Geschenk, auch wenn vor allem die praktische Prüfung mitunter das Anstrengendste war, was ich je gemacht habe“, sagt sie und lacht. „Seitdem arbeite ich viel effizienter und es fühlt sich mehr nach mir an.“
„Wir sind für alle ein sicherer Ort“
Das Café ist ein sicherer Ort, ein Raum, in dem Menschen einfach sein dürfen. „Ich stehe hundertprozentig hinter meinen Mitarbeiterinnen. Jeder Gast ist willkommen, aber wir wünschen uns Respekt. Ich liebe das Zitat von Vera Birkenbihl: Ärgere dich nicht länger als 15 Sekunden. Seit ich das verinnerlicht habe, fällt es mir leichter, Dinge loszulassen. Viele Menschen bringen ihre Sorgen mit, und manchmal ist eine Reaktion nur das Ende einer langen Verkettung und hat eigentlich nichts mit dem Jetzt zu tun. Dann atme ich tief durch und lasse die Situation los.“
Auch zwischen den kleinen Cafés in Linz herrscht Zusammenhalt. „Wenn bei uns kein Platz ist, schicke ich Gäste einfach weiter. Konkurrenz gibt es nicht. Jeder neue Ort bereichert die Stadt.“ Anfangs spürt man jeden Neuzugang, doch mit der Zeit pendelt sich alles ein. „Ich weiß, dass wir unseren Weg gehen.“
„Es muss einfach schmecken“
Im Friedlieb wird nur gebacken, was allen selbst schmeckt. Klassiker, wie den Friedi-Cheesy, müssen alle neuen Mitarbeiterinnen als Erstes backen können. Fast alles ist in Bio-Qualität. „Jede von uns hat ihren Lieblingskuchen. Wir probieren ständig Neues aus – glutenfrei, vegan, mit Datteln gesüßt. Aber das wichtigste – schmecken muss es.“
Aktuell hat Elke mit Ernährungsberaterin und Mikronährstoffcoach Marina Prskalo ein neues Produkt entwickelt und ins tägliche Sortiment gebracht. Eine kleine, gesunde Süßigkeit in Rohkostqualität für unterwegs oder zum Kaffee. „Die Lieblinge kommen so gut an, dass wir noch mehr in diese Richtung gehen möchten. Unsere Gäste lieben kleine Dinge, die ein gutes Gefühl hinterlassen und ihren Tag versüßen.“
Mittlerweile spürt Elke am Teig, ob ein Tag gut wird. Sie kennt auch Tage, an denen das Gefühl einfach nicht da ist. „Ohne Gefühl geht es nicht. Das tröstet mich und jede Hobbybäckerin.“
„Ich will lernen, nicht vergleichen“
Inspiration findet sie in anderen Cafés, beobachtet Abläufe und Stimmungen. „Ich will nicht vergleichen, sondern lernen.“
Heute sagt sie: „Am schönsten sind die ersten zehn Minuten am Morgen. Der Kaffee in der Hand, die Sonne auf die Tische fallend, bevor die Türen aufgehen. Dann weiß ich, warum ich das alles mache.“
Der Name des Cafés ist übrigens eine Hommage an Friedlieb Ferdinand Runge, den Entdecker des Koffeins – ein stiller Gruß an die Geschichte, der wie das Haus selbst Vergangenheit und Gegenwart verbindet.
„Ich folge meiner Intuition“
Gegenwärtig plant sie eine eigene Testkitchen für Produktentwicklungen und Experimente. „Ich liebe es, meiner Intuition zu folgen und Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Mein Vater sagte damals: Wenn du das machst, dann gscheit. Das begleitet mich bis heute.“
Vielleicht ist es genau diese Mischung aus Mut, Wärme und Klarheit, die man im Friedlieb und Töchter spürt. „Ich sehe Menschen über Jahre hinweg, sehe Kinder groß werden. Manchmal entstehen in wenigen Minuten tiefe Gespräche. Das ist wohl das größte Glück.“
Diese Frauen inspirieren mich?
Jede, die etwas bewegt. Frauen, die ihre Leidenschaften teilen, dafür brennen und dabei ehrlich und authentisch sind. Ich höre gerne welche Geschichte hinter jemandem steckt und finde Inspiration in Entscheidungen und dem Mut anderer, ihren eigenen Weg zu gehen.
Mit dieser Frau würde ich mich gerne austauschen?
Mit Wissenschaftlerinnen aus der Geschichte. Ich finde Naturwissenschaften und deren Rätsel einfach spannend und würde gerne die ganze Story, die Hochs und Tiefs von den Forscherinnen selber hören…auch wenn ich natürlich nicht alles verstehen würde…aber das macht es ja so faszinierend.
Themen, über die ich gerne spreche:
Gründen, Chancen und Herausforderungen, Fehler eingestehen, Unternehmensentwicklung. Und für junge Menschen: „Es ist nicht schlimm, Entscheidungen zu ändern.“