Anna Kalteis geb.Haumer
Jüngste Sterneköchin Österreichs, Kochnomaden, People & Culture Expertin
„Einen Stern erkocht man nicht alleine, sondern als Team.“ Anna Kalteis, mit 23 Jahren jüngste Sterneköchin Österreichs!
Schon im Kindergarten hatte sie das Wohlergehen aller Kinder im Blick und war die Feel-Good-Managerin der Gruppe. Diese Eigenschaft hat sie sich bis heute bewahrt und arbeitet aktuell abseits der Gastro bei Zoku, einem Work-Hotel-Konzept, im People & Culture Bereich.
Privat kochen ihr Partner Valentin und sie noch immer für Veranstaltungen. Aber beruflich ist sie genau dort, wo sie aktuell sein möchte. In einer Branche, die sich neu erfinden muss. Sie ist Speakerin und versucht, den Wechsel vorzuleben und gleichzeitig etwas zu bewegen.
Aber vorab die wichtigsten Eckpunkte zu ihrer Person. Nach der Schule startete Annas Weg im Mesnerhaus in Mauterndorf, führte über das 3-Sterne-Restaurant Hertog Jan in Belgien ins Landhaus Bacher, in dem sie ihren Lebenspartner Valentin kennenlernte. Andreas Caminada warb das Pärchen ab und gab ihnen die Möglichkeit, sich im IGNIV in der Schweiz zu entfalten.
Andreas prägte die junge Köchin und ihre Einstellung zur Küche sehr. Die Unternehmenskultur war hier bei ihm eine komplett andere. Die Mitarbeitenden, die die Rezepte kochten, wurden gesehen und auch als wichtigste Ressource behandelt. „Andreas Caminada führt emphatisch. Seine Mitarbeitenden bleiben sehr lange im Betrieb, obwohl er natürlich gleichzeitig sehr hohe Erwartungen hat“.
Nach ihrer Rückkehr nach Wien half sie einer Freundin bei der Konzeption eines Cafes und bekam zeitgleich das Angebot, das Blue Mustard in Wien zu übernehmen. Von jugendlichem Leichtsinn getrieben, sagten sie und Valentin zu. Jeder hatte seine Aufgabe. Anna übernahm Vor- und Nachspeisen, Valentin die Hauptgänge. Innerhalb eines Jahres kam dann der erste Stern. Es war wie im Film. Ihr Anspruch war immer groß, aber nicht auf einen Stern ausgerichtet. „Wenn ich etwas mache, dann gescheit!“, sagt Anna verschmitzt. Sie wurde als jüngste Sterneköchin und einzige Frau ausgezeichnet. Und das im zarten Alter von 23 Jahren. Für Anna war damit ihr Peak erreicht. Aber sie wollte mehr. So beschloss sie, ihrem Interesse in der Unternehmenskultur und dem Employer Branding nachzugehen und diese aktiv mitzugestalten.
Am Strand in Bali beschlossen beide sich mit dem Pop-up .momentum selbständig zu machen. Es sollte nachhaltiger, regionaler, mit 30 Tickets im Vorverkauf sein. “Unser Ziel war, frei und Location unabhängig, als Nomaden zu kochen und Spaß zu haben.” Das Konzept ging auf und sie bespielten unterschiedlichste Orte wie Felder oder ein Donauschiff.
Da Kochnomaden als einmaliges Pop-up geplant war und Anna bereits am Ende ihres Studiums war und Praxiserfahrung benötigte, entschied sie sich ins Employer Branding bei Zoku zu wechseln. Unsere Branche muss sich hinterfragen, welche Unternehmenskultur sie vorleben möchte. Von der Gastro und der Hotellerie wird meist sehr negativ berichtet, aber niemand hebt die guten Aspekte hervor. Themen wie „Was ist der Schlüssel gegen den Fachkräftemangel“ oder das Thema “4-Tage-Woche”, müssen in jedem Unternehmen individuell beurteilt werden und nicht jeder Ansatz passt für jede Unternehmung. Führung funktioniert in Zukunft nur noch „people oriented und purpose-driven“. Alles dreht sich um den Menschen und den Sinn, den er oder sie in ihrer Arbeit findet.
Bei Zoku arbeiten wir nach drei wichtigen Grundsätzen:
1) Selbstführung: das bedeutet, Verantwortung übergeben
2) Ganzheitlichkeit: du selbst stehst im Fokus
3) Evolutionärer Sinn: Das heißt, wir befinden uns in einem stetigen Prozess, der nicht gleich bleibt und jede/r Mitarbeiter/in ist aktiv dabei, diesen zu gestalten.
Ein Ökosystem funktioniert auch nur, wenn alle zusammenarbeiten.
Bei Zoku gibt es zum größten Teil nur mehr Hybride Stellen, Blickwinkel werden geändert und die Betrachtung des Gesamten im Fokus gehalten. Check-in, Bar und Service wechseln ständig und verstehen somit die Aufgaben des jeweils anderen. „Unsere Küche ist zum Beispiel total offen und auf gleicher Höhe mit den Gästen“, erklärt Anna. Somit bekommen diese Mitarbeitenden auch ein direktes Feedback vom Gast, was enorm wichtig ist. Abgeschottet im hinteren Bereich des Restaurants kommt niemals eine Rückmeldung an, wie meine Arbeit heute angekommen ist.
Um 15:00 Uhr wird täglich Fika, die skandinavische Tradition des gemeinsamen Kaffeetrinkens abgehalten. Sie feiern alle Geburtstage gemeinsam, haben kleine Rituale, die hochgehalten werden. Diese glücklichen Mitarbeitenden werden auch von ihren Gästen wahrgenommen. Diese bleiben bis zu einem Jahr in ihrem Hotel-Work-Konzept und werden Teil der Familie.
Neue Ideen holt sich Anna in der Kunst, der Natur oder zieht sie aus Begegnungen. Ein Gericht ist wie ein Gemälde, hochkomplex. Es muss in sich logisch sein und das ist die größte Herausforderung.
Erst kürzlich verzauberte sie Küchenchefin Shiral Berger im Restaurant OPA in Tel Aviv. Sie servierte eine Scheibe getoastetes Sauerteigbrot, garniert mit einer fermentierten Zuckermelone, Röstzwiebeln und einer Shoyu Sauce. So komplex, so unbeschreiblich. Beeindruckend, was mit sowenig möglich ist. „Es war ja eigentlich nur ein belegtes Brot“, schwärmt Anna.
„Daheim“ schmeckt bei Anna Kalteis nach naturbelassenen Geschmäckern wie Holler oder Steinpilzen, die man nicht kaufen kann. Produkte, die uns die Natur schenkt. Und Kindheit schmeckt nach Paprikahendl. Eindeutig!
Ihre Fähigkeiten möchte das Multitalent im Handwerk ausbauen. Aktuell malt sie am Wochenende und findet großen Gefallen am künstlerischen Schaffensprozess. „Es ist das gleiche Gefühl wie beim Kochen, ich komponiere. Das Handwerk erdet mich.“ Auch bei den Kochnomaden war ihr der Einblick hinter die Kulissen, zum Beispiel bei Töpferinnen, Glasbläsern, Blaudruckereien, wie der Perfektionierung des Brotbackens, sehr wichtig. Hier steckt Sinn dahinter.
Hinter ihrem Erfolg steckt ihr Ehrgeiz, ihr Größenwahn und eine jugendliche Portion Naivität. Frauen schwimmen in dieser Branche immer gegen den Strom, müssen sich mehr anstrengen, mehr behaupten. Sie möchte als Role-Model vorangehen und auf Keynote begeistern. Und natürlich steckt sehr viel harte Arbeit dahinter.
Welche Frauen in der Kulinarik-Branche bewunderst du?
Alle Keramikerinnen. Sie alle machen ein Gericht soviel wertvoller. Sie haben die gleichen Interessen und das gleiche Gefühl.
Mit welcher Frau würdest du gerne an einem Tisch sitzen und plaudern?
Mit jeder Frau, die passioniert etwas macht, egal was es ist. Das inspiriert mich nachhaltig.